„Ausschließlich“ coronabedingter Umsatzeinbruch? – Lichtblick bei der Überbrückungshilfe III

Kategorie: Corona-Schlussabrechnungen

Das OVG Münster stellt klar, dass ein ausschließlich coronabedingter Umsatzeinbruch für die Überbrückungshilfe III nicht erforderlich war. Rückforderungen, die auf nachträglich verschärften Maßstäben beruhen, sind daher in vielen Fällen unzulässig.

OVG Münster stärkt Unternehmen bei Rückforderungen

Einordnung des Hinweisbeschlusses

Mit seinem Hinweisbeschluss vom 22. Oktober 2025 im Verfahren der Fortuna Düsseldorf (4 A 1352/25) hat das Oberverwaltungsgericht Münster ein wichtiges Signal für alle von Rückforderungen betroffenen Unternehmen gesetzt: eine „ausschließliche“ Coronabedingtheit von Umsatzeinbrüchen war bei der Überbrückungshilfe III nicht erforderlich. Bewilligungsstellen dürfen nicht nachträglich strengere Maßstäbe anlegen, als sie bei der ursprünglichen Bewilligung tatsächlich angewendet haben.

Verwaltungspraxis zum Zeitpunkt der Bewilligung

Das Oberverwaltungsgericht stellt in seinem Hinweisbeschluss unmissverständlich klar: Die Behauptung des Landes Nordrhein-Westfalen, nach ständiger Verwaltungspraxis sei Überbrückungshilfe III nur bei “ausschließlich” coronabedingten Umsatzeinbrüchen bewilligt worden, ist nicht schlüssig. Diese Feststellung hat weitreichende Konsequenzen: Wer einen ordnungsgemäß ausgefüllten Antrag eingereicht hatte, der keinen Anlass für eine vertiefte Prüfung bot, erhielt in der Regel die Überbrückungshilfe III im beantragten Umfang bewilligt – ohne dass die Coronabedingtheit überhaupt gesondert geprüft wurde.

Das Gericht stellt klar: Für die Frage, ob die ursprüngliche Bewilligung rechtswidrig war, kommt es ausschließlich auf die Verwaltungspraxis zum Zeitpunkt der Bewilligung an. Die Bewilligungsstellen können somit nicht Jahre später strengere Maßstäbe heranziehen und behaupten, eine ausschließliche Coronabedingtheit sei schon immer erforderlich gewesen, wenn sie diese Anforderung bei der Bewilligung tatsächlich gar nicht geprüft haben.

Bedeutung der Antragsformulare

Ein weiterer zentraler Aspekt des Hinweisbeschlusses betrifft die Gestaltung des Antragsformulars. Das OVG weist darauf hin, dass das Formular den Antragstellern gar keine Möglichkeit bot, zwischen coronabedingten und anderen Umsatzrückgängen zu differenzieren. Erforderlich waren lediglich die Angabe der Umsätze im Fördermonat und im Vergleichsmonat, woraus der prozentuale Rückgang ermittelt wurde. Soweit der Bewilligung richtige Angaben zugrunde lagen, könnte eine Rücknahme wegen der mangelhaften Gestaltung des Antragsformulars sogar ohnehin ausgeschlossen sein.

Falschangaben und Rücknahmeermessen

Das OVG nimmt allerdings eine wichtige Differenzierung vor: Soweit die Bewilligung auf nachweislich falschen Angaben zur Coronabedingtheit beruhte, war das Rücknahmeermessen auf Null reduziert. Dies betrifft Fälle, in denen Antragsteller Umsatzrückgänge als coronabedingt deklariert haben, obwohl sie wussten, dass andere Ursachen vorlagen. Im Fall Fortuna Düsseldorf hatte der Verein im ursprünglichen Antrag keine Differenzierung zwischen abstiegs- und coronabedingten Umsatzeinbrüchen vorgenommen. Erst auf Nachfrage wurde eine korrigierte Auswertung vorgelegt. Soweit also nachweislich nicht coronabedingte Umsätze als coronabedingt angegeben wurden, liegt eine Rücknahmebefugnis vor.

Auslegung des Coronabegriffs

Das OVG setzt sich auch intensiv mit den FAQ zur Überbrückungshilfe III auseinander. Die zentrale Erkenntnis: Der Begriff „coronabedingt“ war nicht im Sinne einer ausschließlichen Kausalität zu verstehen. Nicht gefördert werden sollten lediglich Umsatzausfälle, die ausschließlich aufgrund regelmäßiger saisonaler oder anderer dem Geschäftsmodell inhärenter Schwankungen auftraten.

Praktische Handlungsempfehlungen für Betroffene

  • Dokumentieren Sie, ob die Bewilligungsstelle die Coronabedingtheit tatsächlich geprüft hat oder ob diese im Regelfall einfach unterstellt wurde.
  • Prüfen Sie, ob das Antragsformular eine Differenzierung zwischen Ursachen des Umsatzeinbruchs überhaupt zuließ.
  • Stellen Sie sicher, dass Ihre Angaben vollständig und sachlich richtig waren.
  • Bewerten Sie, ob die Coronabedingtheit Ihrer Umsatzeinbrüche damals nachvollziehbar und plausibel war.

Fazit

Der Hinweisbeschluss des OVG Münster ist ein wichtiger Erfolg für betroffene Unternehmen. Er macht deutlich, dass die Bewilligungsstellen nicht nachträglich strengere Maßstäbe anlegen dürfen, als sie bei der ursprünglichen Bewilligung tatsächlich angewendet haben. Die pauschale Rückforderung von Überbrückungshilfe III mit der Begründung, die Umsatzeinbrüche seien nicht ausschließlich coronabedingt gewesen, dürfte in vielen Fällen rechtswidrig sein – insbesondere dann, wenn die Bewilligungsstelle diese Frage bei der Antragsprüfung selbst nicht vertieft hat.