VG München zur Überbrückungshilfe IV: Coronabedingtheit als Stolperstein

Kategorie: Corona-Schlussabrechnungen

Wer hat Anspruch auf Corona-Überbrückungshilfe IV? Ein Urteil des VG München zeigt, wie streng die Nachweispflichten für coronabedingte Umsatzeinbrüche sind. Erfahren Sie, warum viele Anträge scheitern und wie Unternehmen typische Fehler bei der Antragstellung vermeiden können.

Mann im Schutzanzug liest Dokument

Wer profitierte wirklich von der Überbrückungshilfe IV

Mit der Corona-Überbrückungshilfe IV hat der Staat während der Pandemie Unternehmen unterstützt, die aufgrund coronabedingter Maßnahmen erhebliche Umsatzeinbußen hinnehmen mussten. Doch nicht alle Anträge wurden bewilligt, und häufig entstand Streit darüber, welche Umsatzeinbußen tatsächlich als „coronabedingt“ anzusehen sind.

Ein aktuelles Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) München vom 24.09.2024 (Az. M 31 K 23.3596) beleuchtet die Anforderungen an den Nachweis der coronabedingtheit im Detail. 

Hintergrund: Corona-Überbrückungshilfen IV

Die Überbrückungshilfe IV war eine von mehreren Fördermaßnahmen, mit denen der Bund kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) Liquidität in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit sichern wollte. Ziel war es, coronabedingte Umsatzrückgänge auszugleichen, die auf staatliche Maßnahmen wie Lockdowns, Betriebsschließungen oder ähnliche Restriktionen zurückzuführen sind.

Um einen Anspruch auf die Förderung geltend zu machen, musste ein Antragsteller nachweisen, dass der Umsatzrückgang direkt durch coronabedingte Maßnahmen verursacht wurde. Diese Nachweisanforderungen haben in der Praxis oft zu Problemen geführt, da viele Unternehmen lediglich indirekt von der Pandemie betroffen waren, beispielsweise durch Lieferengpässe oder verändertes Kundenverhalten.

Wesentliches Kriterium der Überbrückungshilfe IV ist ein coronabedingter Umsatzrückgang von mindestens 30 % im Vergleich zu den entsprechenden Monaten im Jahr 2019. Dieser Nachweis muss im Antragsverfahren substantiiert und rechtzeitig erbracht werden.

Hintergrund und Ausgangslage

Im Fall vor dem VG München klagte ein Unternehmen der Automobilbranche auf Bewilligung von Überbrückungshilfe IV in Höhe von 56.757,98 EUR für den Zeitraum Januar bis Juni 2022. Das Unternehmen hatte zunächst eine vorläufige Zahlung von 22.388,93 EUR erhalten, die später durch einen Rückforderungsbescheid aufgehoben wurde. Die Behörde begründete dies damit, dass die Nachweise für einen coronabedingten Umsatzrückgang unzureichend seien.

Das Unternehmen argumentierte, dass die Maskenpflicht, Lieferengpässe und eine coronabedingt zurückhaltende Kaufbereitschaft der Kunden die Umsatzeinbrüche verursacht hätten. Darüber hinaus sei es pandemiebedingt an Marketingmaßnahmen wie Kundenveranstaltungen gehindert gewesen und es habe aufgrund Corona starke Personalausfälle gegeben. Die Behörde und das Gericht folgten dieser Argumentation jedoch nicht.

Die Entscheidung des VG München

Das Gericht wies die Klage ab und bestätigte die Rechtmäßigkeit der Rückforderung der Überbrückungshilfe. Dabei hob es insbesondere folgende Punkte hervor:

Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt

Entscheidend für die rechtliche Beurteilung ist der Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung. Neue Tatsachen oder Argumente, die erst im Klageverfahren vorgebracht werden, bleiben unberücksichtigt. Dies unterstreicht die Bedeutung einer vollständigen und substantiellen Antragstellung im Verwaltungsverfahren.

Anforderungen an die coronabedingtheit

Die Fördervoraussetzungen der Überbrückungshilfe IV setzen voraus, dass die Umsatzeinbußen direkt auf staatliche Maßnahmen wie Schließungsanordnungen oder vergleichbare Restriktionen zurückzuführen sind. Nach der Förderrichtlinie gelten wirtschaftliche Einflüsse allgemeiner Art, wie Lieferengpässe oder ein verändertes Kundenverhalten, nicht als coronabedingt. Auch die allgemeine Maskenpflicht genügt nicht als Nachweis, da sie nicht unternehmensspezifisch war und keine unmittelbare Betroffenheit durch staatliche Beschränkungen darstellt.

Verwaltungspraxis der Förderstellen

Die Behörde stützte sich auf ihre ständige Verwaltungspraxis, wonach Unternehmen nur dann förderfähig sind, wenn sie unmittelbar von staatlichen Infektionsschutzmaßnahmen betroffen waren. Fernwirkungen der Pandemie, wie gestörte Lieferketten oder die Zurückhaltung von Kunden, reichen nicht aus. Diese restriktive Auslegung wurde vom Gericht als rechtlich zulässig und sachgerecht bestätigt.

Substantiierungspflichten der Antragsteller

Das Gericht stellte klar, dass Antragsteller die volle Verantwortung dafür tragen, die relevanten Tatsachen darzulegen und nachzuweisen. Versäumnisse in der Mitwirkungspflicht, wie etwa unvollständige Anträge oder das verspätete Vorbringen entscheidungserheblicher Umstände, gehen zu Lasten des Antragstellers.

Typische Ablehnungsgründe 

Das Urteil verdeutlicht mehrere typische Fallstricke, die zur Ablehnung von Anträgen führen können:

Unzureichende Nachweise: 

Unternehmen müssen präzise belegen, dass sie von staatlichen Maßnahmen betroffen waren.

Allgemeine wirtschaftliche Auswirkungen: 

Lieferprobleme oder zurückhaltendes Kundenverhalten gelten nicht als ausreichend.

Versäumnisse bei der Antragstellung: 

Unvollständige oder verspätete Angaben können zu Ablehnungen führen.

In dem verhandelten Fall führte beispielsweise die Maskenpflicht, die in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens galt, nicht zu einer individuellen Beeinträchtigung des klagenden Unternehmens. Auch später vorgebrachte Argumente, wie Personalausfälle, konnten rechtlich nicht mehr berücksichtigt werden.

Die Konsequenzen für Unternehmen

Das Urteil verdeutlicht die strengen Anforderungen an den Nachweis der coronabedingtheit und hat weitreichende Konsequenzen für Antragsteller:

Präzise Antragstellung

Unternehmen müssen im Verwaltungsverfahren sämtliche relevanten Tatsachen und Beweise einbringen. Dazu gehört die genaue Darlegung, welche staatlichen Maßnahmen den Umsatzrückgang verursacht haben. Dabei genügt ein allgemeiner Verweis auf die Pandemie oder wirtschaftliche Rahmenbedingungen nicht.

Dokumentation der Auswirkungen

Es empfiehlt sich, sämtliche pandemiebedingten Einschränkungen und deren Auswirkungen auf das Unternehmen systematisch zu dokumentieren. Dazu gehören z. B. Nachweise über behördliche Schließungsanordnungen oder vergleichbare Beschränkungen, die das Geschäft unmittelbar beeinträchtigt haben.

Abgrenzung wirtschaftlicher Risiken

Unternehmen müssen klar darlegen, dass ihre Umsatzeinbußen nicht lediglich allgemeine wirtschaftliche Folgen der Pandemie, wie Lieferprobleme oder verändertes Konsumverhalten, darstellen. Diese Risiken werden nach der Förderrichtlinie dem allgemeinen unternehmerischen Risiko zugerechnet und sind nicht förderfähig.

Praktische Tipps für die Antragstellung

Die Entscheidung des VG München zeigt, dass eine erfolgreiche Antragstellung sorgfältige Vorbereitung und fundierte Begründung erfordert. Unternehmen und deren Berater sollten folgende Schritte beachten:

Analyse der Fördervoraussetzungen: Vor der Antragstellung sollten die Förderrichtlinien und die Verwaltungspraxis der zuständigen Behörde genau geprüft werden.

Erarbeitung einer stichhaltigen Begründung: Der Antrag sollte klar darlegen, welche coronabedingten Maßnahmen zu den Umsatzeinbußen geführt haben, und dies mit konkreten Beispielen belegen.

Nachweise beilegen: Relevante Dokumente wie behördliche Anordnungen, Absagen von Veranstaltungen oder detaillierte Umsatzauswertungen sollten dem Antrag beigefügt werden.

Fristen einhalten: Fristversäumnisse können fatale Folgen haben, da die Nachreichung von Argumenten oder Beweisen oft nicht möglich ist.

Rechtlicher Rahmen: Warum ein Rechtsanspruch nicht besteht 

Das Urteil unterstreicht die Besonderheit der Überbrückungshilfen: Es handelt sich um freiwillige Leistungen des Staates, die nach pflichtgemäßem Ermessen vergeben werden. Ein Rechtsanspruch besteht grundsätzlich nicht. Unternehmen können nur dann auf Förderung hoffen, wenn sie die strengen Vorgaben der Förderrichtlinie erfüllen. Die Verwaltungspraxis orientiert sich hierbei an typisierten Kriterien, um eine einheitliche und faire Verteilung der begrenzten Mittel zu gewährleisten.

Fazit: Gut vorbereitet zum Erfolg 

Das Urteil des VG München macht deutlich, dass der Weg zur Überbrückungshilfe IV rechtlich anspruchsvoll ist. Unternehmen sollten sicherstellen, dass ihre Anträge den Anforderungen der Förderrichtlinie und der Verwaltungspraxis entsprechen. Wer unsicher ist, sollte frühzeitig rechtlichen Rat einholen, um unnötige Fehler und finanzielle Rückforderungen zu vermeiden.

Als Fachanwalt für Steuerrecht stehe ich Ihnen gern zur Seite, um Ihre Anträge rechtssicher zu gestalten und Ihre Interessen bei Streitigkeiten mit der Behörde zu vertreten. Kontaktieren Sie mich für eine Beratung!

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