Urteil vom 11. Juli 2024 – 1 K 2711/23
Die Corona-Pandemie hat in vielen Branchen erhebliche finanzielle Herausforderungen verursacht. Um Unternehmen zu unterstützen, wurden verschiedene Hilfsprogramme ins Leben gerufen, darunter die Überbrückungshilfe III+.
Doch nicht immer werden die beantragten Fördermittel in voller Höhe gewährt, wie ein aktueller Fall aus Baden-Württemberg zeigt. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat in einem Urteil vom 11. Juli 2024 – 1 K 2711/23 entschieden, dass Mietkosten nicht förderfähig sind, wenn familiäre Verbindungen zwischen Vermieter und Mieter bestehen.
Hintergrund des Falls
Die Klägerin, eine GmbH, betreibt zwei Hotels, eines in Mannheim und eines in Heidelberg. Sie hatte im Rahmen der Corona-Überbrückungshilfe III+ Fördermittel beantragt, um pandemiebedingte Umsatzausfälle im Jahr 2021 zu kompensieren.
Das Land Baden-Württemberg bewilligte die Förderung, kürzte jedoch die beantragte Summe um rund 620.000 Euro. Dies entsprach den Mietkosten für die beiden Hotelgrundstücke, die aufgrund einer familiären Verbindung (Ehefrau, Mutter, Bruder des Vermieters sind Gesellschafter der GmbH) als nicht förderfähig eingestuft wurden.
Argumentation der Klägerin
Die Klägerin argumentierte, dass die Vermieter der Hotelgrundstücke keine „verbundenen“ Unternehmen im Sinne des europäischen Beihilferechts seien. Eine familiäre Verbundenheit allein reiche nicht aus, um eine solche Verbindung zu unterstellen. Zudem müsse der grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie berücksichtigt werden.
Weiterhin machte die Klägerin geltend, dass sie im Vergleich zu anderen Unternehmen, wie etwa Schaustellern, benachteiligt werde. Sie verwies darauf, dass in einem ersten Bewilligungsbescheid die Mietkosten als förderfähige Fixkosten anerkannt worden seien, weshalb sie auf die Erstattungsfähigkeit vertraut habe.
Entscheidung des Verwaltungsgerichts
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe folgte der Argumentation der Klägerin nicht (Az. 1 K 2711/23). Bei den Corona-Hilfen handele es sich um Billigkeitsleistungen, auf die kein Rechtsanspruch bestehe. Die Fördermittel würden aus den verfügbaren Haushaltsmitteln gewährt und unterliegen der ständigen Verwaltungspraxis der Bewilligungsbehörden. In diesem Fall sei die Kürzung der Fördermittel aufgrund der familiären Verbindungen zwischen den Vermietern und der Klägerin nachvollziehbar und keinesfalls willkürlich.
Das Gericht führte weiter aus, dass die Corona-Hilfen nicht der Förderung von Familien dienten, sondern dazu gedacht seien, existenzielle Notlagen abzufedern. Eine solche Notlage bestehe im Fall der Klägerin nicht.
Auch andere Unternehmen, wie Schausteller, würden bei familiären Verflechtungen als verbundene Unternehmen behandelt, sodass keine Ungleichbehandlung vorliege. Zudem sei die Bewilligung der Fördersumme im Erstbescheid ausdrücklich unter dem Vorbehalt der endgültigen Festsetzung in einem Schlussbescheid erfolgt. Daher könne sich die Klägerin nicht auf Vertrauensschutz berufen.
Hier finden Sie das Urteil des Verwaltungsgerichts: https://stb-web.de/news/article.php/id/26073
Berufung eingelegt
Die Klägerin hat gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe einen Antrag auf Zulassung der Berufung eingelegt. Der Fall wird nun wohl vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim verhandelt. Bis zur Entscheidung des Berufungsverfahrens bleibt die Frage der Förderfähigkeit von Mietkosten bei familiären Verbindungen weiterhin offen. Empfehlung: In vergleichbaren Fällen sollten die Bescheide offen gehalten werden!
Bedeutung der Entscheidung: Familiäre Verbindungen und Corona-Hilfen
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe hat weitreichende Folgen für Unternehmen, die Corona-Hilfen beantragen und dabei familiäre Verbindungen zwischen Eigentümern und Mietern bestehen. Die rechtliche Bewertung solcher Verbindungen als „verbundene Unternehmen“ kann dazu führen, dass Fördermittel gekürzt oder ganz versagt werden. In diesem Fall stellt das Gericht klar, dass die Corona-Hilfen primär dazu dienen, existenzielle wirtschaftliche Notlagen zu lindern und nicht familiäre Verflechtungen zu fördern.
Als Steuerberater Streitigkeiten vermeiden
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zeigt, wie wichtig es ist, die genauen Vorgaben und Bedingungen für Fördermittel zu beachten. Als Steuerberater können Sie solche Streitigkeiten vermeiden, indem Sie Ihre Mandanten frühzeitig auf mögliche Fallstricke hinweisen und bei der Beantragung von Fördermitteln auf die richtige Dokumentation und Begründung achten. Insbesondere in Fällen, in denen familiäre Verbindungen bestehen, sollte sorgfältig geprüft werden, ob die Voraussetzungen für eine Förderung erfüllt sind.
Das Urteil unterstreicht auch die Bedeutung einer transparenten Kommunikation mit den Bewilligungsbehörden und die Notwendigkeit, sich auf den Vorbehalt in Bescheiden einzustellen, um spätere Kürzungen zu vermeiden.
Dieser Fall zeigt, wie komplex die Beantragung von Corona-Hilfen sein kann und dass eine professionelle Beratung unerlässlich ist, um Streitigkeiten mit den Bewilligungsbehörden zu vermeiden.
Sollten Sie Unterstützung bei der Beantragung von Fördermitteln oder der Abwehr von Rückforderungen benötigen, stehe ich Ihnen gerne beratend zur Seite.
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