Neue Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Freiburg und Karlsruhe zur Corona-Soforthilfe und Liquiditätsengpässen

Kategorie: Aktuelles

Die Corona-Soforthilfe war eine zentrale Unterstützung für Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten. Doch wie genau die Bedingungen für den Erhalt und die Rückforderung der Hilfen zu verstehen sind, klären wichtige Urteile des Verwaltungsgerichts Freiburg und Karlsruhe. Erfahren Sie mehr über die rechtlichen Hintergründe.

Gericht klärt Corona-Soforthilfe und Liquiditätsprobleme.

Die Rolle der Soforthilfe in der Corona-Krise

Die Corona-Pandemie hat Unternehmen und Selbstständige in Deutschland vor große wirtschaftliche Herausforderungen gestellt. In dieser schwierigen Zeit wurden verschiedene staatliche Hilfsprogramme ins Leben gerufen, um die wirtschaftliche Existenz zu sichern. Ein zentraler Bestandteil dieser Unterstützung war die Soforthilfe, die insbesondere für Unternehmen in einer existenzbedrohenden Lage gedacht war. 

Doch wie genau die Zweckbestimmung der Soforthilfe zu verstehen ist und welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen, hat das Verwaltungsgericht Freiburg und Karlsruhe kürzlich in wichtigen Urteilen klargestellt. 

Entscheidung des VG Freiburg: Klage erfolgreich

In diesem Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 10.07.2024 (Az: 14 K 1308/24) ging es um die Rechtmäßigkeit eines Widerrufsbescheids bezüglich der Corona-Soforthilfe. 

Der Kläger hatte im März 2020 einen Antrag auf Corona-Soforthilfe gestellt und eine finanzielle Unterstützung von 9.000 Euro erhalten. Später stellte sich jedoch heraus, dass der tatsächliche Liquiditätsengpass geringer war als ursprünglich prognostiziert. Die Behörde widerrief daraufhin den Bewilligungsbescheid und forderte 6.622,14 Euro zurück. 

Das Gericht entschied, dass der Widerruf des Bescheids in diesem Fall nicht rechtmäßig war, da die Zweckbestimmung des Bewilligungsbescheids nicht eindeutig genug war, um den Widerruf zu rechtfertigen. Insbesondere konnte nicht festgestellt werden, dass die Soforthilfe nicht für den vorgesehenen Zweck – die Überbrückung eines Liquiditätsengpasses – verwendet wurde, da der Bescheid und die dazugehörige Richtlinie keine klaren Kriterien zur Berechnung und Überprüfung des Liquiditätsengpasses festlegten.

Urteil zur Zweckbestimmung der Soforthilfe

In seiner Entscheidung stellte das Gericht fest, dass die ursprüngliche Formulierung in der Richtlinie vom 22.03.2020 zur Soforthilfe 

„Die Zuschüsse werden zur Überwindung der existenzbedrohlichen Wirtschaftslage bzw. der Liquiditätsengpässe oder Umsatzeinbrüche gewährt“

nicht ausreichend war, um allein auf den Liquiditätsengpass abzustellen. Es wurde klargestellt, dass für die Gewährung der Soforthilfe eine existenzbedrohende Wirtschaftslage nachgewiesen werden muss, die durch die Pandemie unmittelbar verursacht wurde.

Ein späterer Ausgleich von Liquiditätsengpässen aufgrund von anderen Umständen rechtfertigt keinen Widerruf der bereits gewährten Hilfe.

Der Einfluss der Verwaltungsvorschriften und FAQs

Das Verwaltungsgericht stellte ebenfalls fest, dass FAQs, die auf der Website des Wirtschaftsministeriums zur Soforthilfe bereitgestellt wurden, nicht Bestandteil des Bewilligungsbescheids sind, auch wenn Antragsteller aufgefordert wurden, diese als Hilfestellung zu nutzen. Diese FAQs können demnach nicht zur Auslegung des Bescheides herangezogen werden, da sie nicht explizit im Bescheid erwähnt wurden.

Entscheidung des VG Freiburg: Klage abgewiesen 

Eine weitere Entscheidung des VG Freiburg vom 10.07.2024 (Az. 14 K 1356/24) bezieht sich auf eine spätere Version der Richtlinie vom 8. April 2020. In dieser Version wurde der Hinweis eingefügt, dass die Soforthilfe als Billigkeitsleistung zur Überwindung einer existenzgefährdenden Wirtschaftslage gewährt wird, wenn 

„die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb des Antragstellers voraussichtlich nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten zu zahlen.“

Der Kläger des Verfahrens war ein Winzer, dessen Betrieb durch die Corona-Pandemie in finanzielle Schwierigkeiten geraten war. Der Kläger beantragte die Soforthilfe und erhielt einen Zuschuss von 9.000 Euro, der ihm helfen sollte, die durch die Pandemie verursachten Liquiditätsengpässe zu überbrücken. Im Rahmen des Antrags versicherte er, dass er durch die Schließung von Gastronomiebetrieben und anderen Corona-bedingten Maßnahmen massive Einnahmeausfälle erlitten habe.

Das Problem entstand jedoch, als der Kläger später im Rückmeldeverfahren angeben musste, ob er die Soforthilfe in der prognostizierten Höhe tatsächlich benötigte. Der Kläger gab an, dass sich sein Liquiditätsengpass als geringer herausgestellt habe als ursprünglich angenommen. In Folge dieser Meldung widerrief die zuständige Behörde, den Bewilligungsbescheid und forderte den gesamten Betrag von 9.000 Euro zurück. Die Begründung war, dass die Soforthilfe nicht mehr im erforderlichen Umfang für den ursprünglichen Zweck verwendet wurde – die Überbrückung eines existenzbedrohenden Liquiditätsengpasses.

Das VG Freiburg wies in diesem Fall die Klage ab und stellte klar, dass der Widerruf der Soforthilfe gerechtfertigt ist, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der Liquiditätsengpass nicht in dem erwarteten Umfang vorlag. Damit wurde die Bedeutung der genauen Prüfung des Liquiditätsengpasses und der Verwendung der Soforthilfe unterstrichen.

Nachträgliche Prüfung: Widerruf von Bescheiden

Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat mit einem Urteil vom 11. Oktober 2024 (Az. 14 K 5099/23) eine wichtige Klarstellung zu den nachträglichen Prüfungen von Soforthilfe-Bescheiden getroffen. Es stellte fest, dass ein Bewilligungsbescheid widerrufen werden kann, wenn nachträglich festgestellt wird, dass die Voraussetzungen eines Liquiditätsengpasses nicht vorlagen, obwohl dies bei der Antragstellung angenommen wurde. 

In einem anderen Fall (Urteil vom 11. Oktober 2024 – 14 K 2955/23) wurde dies jedoch anders bewertet. Die Unterschiede zwischen den beiden Urteilen machen deutlich, dass bei der Soforthilfe nicht nur die Prognose zum Zeitpunkt der Antragstellung entscheidend ist, sondern auch die tatsächliche Entwicklung der wirtschaftlichen Lage im Nachhinein berücksichtigt wird.

Das Urteil unterstreicht, dass für den Widerruf eines Bewilligungsbescheids im Rahmen der Corona-Soforthilfe eine gründliche Sachverhaltsprüfung erforderlich ist, um festzustellen, ob die Mittel tatsächlich für die in der Richtlinie festgelegten Zwecke verwendet wurden. Zudem wurde klargestellt, dass eine nachträgliche Besserung der Liquiditätslage die ursprüngliche, zweckgemäße Verwendung der Mittel nicht rückgängig macht.

Lehren für die Praxis

Die Urteile aus Freiburg und Karlsruhe unterstreichen die Bedeutung von klaren, präzisen Formulierungen sowohl in den Richtlinien als auch in den Bewilligungsbescheiden. Für Antragsteller und deren Berater bedeutet dies, dass die exakte Definition der Fördervoraussetzungen von großer Bedeutung ist. Eine fehlerhafte oder unklare Formulierung kann zu rechtlichen Auseinandersetzungen und im schlimmsten Fall zu einem Widerruf der erhaltenen Fördermittel führen.

Fazit: Die Bedeutung der präzisen Antragstellung

Die Entscheidungen des VG Freiburg und des VG Karlsruhe unterstreichen, wie wichtig es ist, bei der Antragstellung für die Soforthilfe die wirtschaftliche Lage detailliert darzulegen. Eine korrekte Einschätzung des Liquiditätsengpasses und der existenzbedrohenden Wirtschaftslage ist entscheidend, um die Hilfen zu erhalten. 

Unternehmen sollten daher sicherstellen, dass sie alle relevanten Informationen und Nachweise korrekt und nachvollziehbar einreichen, um spätere Rechtsstreitigkeiten oder Widerrufe zu vermeiden.

Die rechtlichen Entwicklungen rund um die Corona-Soforthilfen in Baden-Württemberg zeigen auch, wie wichtig es ist, dass Förderbedingungen und die Zweckbindung klar und unmissverständlich formuliert werden. Sowohl Antragsteller als auch Behörden sollten die genauen Anforderungen der Richtlinien und Bescheide kennen und sorgfältig umsetzen, um Streitigkeiten und Widerrufe zu vermeiden.

Ausblick

Die Entwicklungen im Bereich der Corona-Hilfen und deren Rechtmäßigkeit sind weiterhin von großer Bedeutung für Unternehmen und Selbstständige. Wer in den letzten Jahren Soforthilfe beantragt hat, sollte sich darüber im Klaren sein, dass eine genaue Prüfung seiner wirtschaftlichen Lage jederzeit möglich ist. 

Unternehmen, die unsicher sind, ob sie die Voraussetzungen für eine Soforthilfe erfüllen oder sich mit der Rückforderung konfrontiert sehen, können von einer rechtlichen Beratung profitieren, um ihre Position zu sichern.

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